Riesige Energiespeicher: Wie Kohlekraftwerke grünen Strom liefern könnten
Ausgerechnet Kohlekraftwerke könnten ein seit langem bestehendes Problem der erneuerbaren Energien lösen und uns mit grünem Strom versorgen. In diesem Beitrag erfährst du, wie.
05.07.2023 • 07:24 Uhr
Der Ausstieg aus der Kohle ist beschlossen. Spätestens im Jahr 2038 soll das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland außer Betrieb genommen werden. Doch das muss nicht ihr Ende sein. Ausgerechnet diese „Umwelt- und Klimasünder“ könnten dabei helfen, ein großes Problem der Energiewende zu lösen: das Speichern von überschüssigem grünem Strom.
Das große Problem: Wohin mit überschüssiger Energie?
Die Idee, außer Betrieb genommene Kohlekraftwerke umzunutzen, ist schon etwas älter. Doch das Konzept nimmt angesichts des Ausbaus von erneuerbaren Energien wie Photovoltaik und Windkraft immer mehr Fahrt auf. Das Problem: Woher kommt unser Strom, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht? Das Kernproblem war schon immer überschüssige Energie aus sonnen- und windreichen Tagen flexibel und verlustfrei zu speichern, um Energieengpässen vorzubeugen.
„Je näher wir dem Ziel rücken, 100 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Energien zu produzieren, desto wichtiger werden Speicher“, erklärt Cleantech-Analyst Antoine Koen vom Thinktank „Future Cleantech Architects“ gegenüber dem Handelsblatt.
Gewaltiges Potenzial: Kohlekraftwerke als nachhaltige Energiespeicher
Eine Möglichkeit, um mit Kohlekraftwerken Strom zu speichern, ist der Einsatz als „thermische Stromspeicher“ bzw. „Wärmespeicherkraftwerke“. Bereits in den Jahren 2019 bis 2021 testeten RWE, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die FH Aachen diese Idee in einem Pilotprojekt. Dafür wurde ein altes Braunkohlekraftwerk zu einem Flüssigsalz-Wärmespeicher umgerüstet.
Das Prinzip funktioniert so: Überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien wird dazu genutzt, um Flüssigsalz in einem Tank auf bis zu 560 Grad Celsius zu erhitzen. Bei erhöhtem Strombedarf kann das heiße Flüssigsalz Wasser verdampfen. Durch den Dampf können wiederum Turbinen angetrieben werden. Das Prinzip in den Kohlekraftwerken ist also das gleiche wie zuvor. Nur dieses Mal stammt die Energie zum Antreiben der Turbine aus Flüssigsalz, nicht aus der Verbrennung von Kohle.
Vorteile von thermischen Stromspeichern
Im Vergleich zu Batterien können Wärmespeicher sehr viel mehr Energie speichern und sind auf Dauer günstiger. Laut dem Cleanteach-Analysten Antoine Koen könnten in Deutschland rund 50 thermische Speicherkraftwerke in Betrieb genommen werden. Diese hätten eine geschätzte Speicherkapazität von insgesamt 500 Gigawattstunden. Würde man diese Energiemenge in Batterien speichern wollen, entspräche das 8,5 Millionen E-Auto-Batterien. Wärmespeicher sind in dieser Hinsicht also günstiger und effizienter.
Nachteile von thermischen Stromspeichern
Der Nachteil bei der Wärmenutzung liegt im Energieverlust. Laut dem Experten Gerrit Koll vom DLR können mit thermischen Speicherkraftwerken nur etwa 40 bis 45 Prozent der ursprünglichen Energiemenge wieder bereitgestellt werden. Zum Vergleich: Eine Batterie liefert etwa 75 Prozent des gespeicherten Stroms.
Ein weiterer Nachteil ist die Dauer der Verfügbarkeit des Stroms in Wärmespeichern. Die gespeicherte Energie ist lediglich für einige Stunden verfügbar. Das Konzept ist also darauf ausgelegt, zum Beispiel überschüssigen Strom aus der Mittagszeit für die Abendstunden zu nutzen.
Doch es gibt bereits einen anderen Ansatz, um Strom aus erneuerbaren Energien möglichst verlustfrei auch über längeren Zeitraum effizient zu speichern und bei Bedarf wieder freizusetzen. Hierbei handelt es sich um die sogenannte „Rückverstromung von grünem Wasserstoff“. In diesem Beitrag erfährst du mehr über diese vielversprechende Technologie.
Quellen:
https://www.en-former.com/kohlekraftwerk-als-waermespeicher/