Stromnetzentgelte: Die ungerechte Benachteiligung beim Strompreis

In Deutschland beeinflusst der Wohnort die Höhe der Stromnetzentgelte und damit den Strompreis. Warum ist das so? Und um wie viel Geld geht es?

23.08.2023 • 10:25 Uhr

Stromnetzentgelte: Die ungerechte Benachteiligung beim Strompreis

Die Höhe der Stromnetzentgelte für Haushalte in Deutschland variiert stark je nach Wohnort. Im Jahr 2023 zahlen Verbraucher in Schleswig-Holstein fast doppelt so viel wie Verbraucher in Bremen. Würden überall die gleichen Netzgebühren gelten, würden die Gebühren in Schleswig-Holstein und Brandenburg um 27 Prozent sinken.

Hingegen würden Stromverbraucher in Bremen, Baden-Württemberg und Bayern deutlich stärker belastet. Diese Erkenntnisse basieren auf einer Analyse des Vergleichsportals Verivox.

Was sind Netzentgelte? Das Netzentgelt ist der Preis für die Nutzung, die jeder Netznutzer, der Strom durch das Versorgungsnetz leitet, an den Netzbetreiber zahlen muss, vergleichbar mit einer Briefmarke als Porto.

Strompreis: Es gibt erhebliche Unterschiede bei den Stromnetzgebühren

Ein Haushalt mit drei Personen und einem Stromverbrauch von 4.000 Kilowattstunden (kWh) zahlt derzeit in Schleswig-Holstein durchschnittlich 480 Euro (netto) pro Jahr, was deutschlandweit die höchsten Netzentgelte sind. Anschließend folgen Brandenburg mit durchschnittlich 477 Euro und Mecklenburg-Vorpommern mit 449 Euro.

Strompreis: Diese Haushalte zahlen die niedrigsten Stromnetzentgelte

Die niedrigsten Stromnetzentgelte hingegen zahlen Haushalte in Bremen mit 254 Euro, gefolgt von Baden-Württemberg (321 Euro) und Bayern (323 Euro).

"Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine der Ursachen für die regional unterschiedlichen Netzentgelte, aber auch Faktoren wie die Industrie- und Bevölkerungsdichte haben einen großen Einfluss", sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.
Die Bundesländer im Norden, die eine beträchtliche Menge erneuerbarer Energien erzeugen, tragen größere Kosten für den Ausbau der Stromnetze. Daher zahlen die Bewohner dieser Länder bisher höhere Stromnetzentgelte im Vergleich zu den Menschen beispielsweise in Süddeutschland.

„Es kann nicht so bleiben, dass die Regionen, die wie der Norden und der Osten beim Ausbau der erneuerbaren Energien vorangehen, höhere Strompreise zahlen müssen“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Regierungs-chefin Manuela Schwesig (SPD) dem Redaktions¬Netzwerk Deutschland (RND). „Da brauchen wir eine Lösung auf Bundesebene.“

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) strebt diese Lösung an, allerdings gibt es aktuell noch keine.

Strompreis: Kosten für Stromnetzentgelte liegt bei 350 Euro

Der durchschnittliche bundesweite Betrag für Stromnetzentgelte beträgt 350 Euro pro Jahr. Wenn dieser Durchschnittswert für alle Bundesländer gelten würde, würden die Kosten für einen Haushalt mit drei Personen in Schleswig-Holstein und Brandenburg um 27 Prozent sinken, was einer Entlastung von 130 bzw. 127 Euro entspräche. In Mecklenburg-Vorpommern würden die Netzgebühren um 22 Prozent (99 Euro) reduziert.

Hingegen würden die Stromnetzgebühren in Bremen um 38 Prozent steigen (96 Euro). In Baden-Württemberg wären es 9 Prozent (29 Euro) und in Bayern 8 Prozent (27 Euro) Anstieg der Netzentgelte.stromkosten.jpg

Strompreis: Stromnetzentgelte stetig gestiegen

In den letzten fünf Jahren sind die Stromnetzentgelte im Durchschnitt bundesweit um 28 Prozent gestiegen und machen derzeit etwa 22 Prozent des Strompreises für Haushalte aus. Besonders stark war der Anstieg in Hamburg (60 Prozent), Berlin (49 Prozent), Brandenburg (43 Prozent) und Schleswig-Holstein (42 Prozent).

"Angesichts steigender Eigenkapitalzinsen für die Netzbetreiber und des hohen Investitionsbedarfs in den Umbau der Energieinfrastruktur rechnen wir auch in den kommenden Jahren mit weiter steigenden Stromnetzentgelten für Haushalte in Deutschland", sagt Thorsten Storck.