Ladesäulencheck: Das Laden von Elektroautos wird teure
Das Laden von Elektroautos unterwegs wird in Deutschland zunehmend teurer. An öffentlichen Ladesäulen zahlen E-Mobilisten durchschnittlich 55 Cent pro Kilowattstunde (kWh) an Normalladepunkten (AC) und sogar 66 Cent an Schnellladepunkten (DC).
31.05.2024 • 13:24 Uhr
Für eine Reichweite von 100 Kilometern, bei einem Stromverbrauch von 20 kWh, ergeben sich damit Kosten von 11,10 EUR bzw. 13,20 EUR pro Ladung. Zum Vergleich: Fahrer von Verbrenner-Autos zahlen für die gleiche Strecke nur 10,38 EUR (bei einem Verbrauch von sechs Litern Benzin) – klimaschädliches Tanken ist somit günstiger als das Laden unterwegs. Diese Zahlen stammen aus dem Ladesäulencheck 2024, der von Statista im Auftrag von LichtBlick durchgeführt wurde. Dabei wurden die Tarife führender Betreiber analysiert.
"Die Preise an den Tank- und Ladesäulen sorgen bei Autofahrer für Fehlanreize und fördern damit klimaschädliches Verhalten. Die Entwicklung ist fatal. Für die Verkehrswende ist der breite Umstieg von Verbrenner- auf E-Autos unerlässlich, ebenso wie verbraucherfreundliche Preise an öffentlichen Ladesäulen", ordnet Markus Adam, Chefjurist von LichtBlick, die Ergebnisse der diesjährigen Untersuchung ein.
Trotz sinkender Strompreise: Unterwegs laden wird immer teurer
Die durchschnittlichen Preise pro geladener Kilowattstunde Strom sind im Vergleich zum letzten Ladesäulencheck weiter angestiegen – die Differenz liegt bei 3 Cent/kWh (AC) bzw. 4 Cent/kWh (DC). Im selben Zeitraum ist der Durchschnittspreis für Haushaltsstrom gesunken. Eine ähnliche Tendenz zeigt sich beim Fahrstrom unterwegs jedoch nicht.
Auch die Zugangsbedingungen an öffentlichen Ladesäulen machen den Umstieg auf Elektroautos unattraktiv. E-Mobilisten müssen insbesondere bei überregionalen Fahrten auf verschiedene Anbieter zurückgreifen, die jeweils unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten wie Ladekarten oder Apps anbieten. Das führt zu einem unübersichtlichen Wirrwarr an verschiedenen Ladekarten und Apps, die Kunden für den Startvorgang bereithalten müssen.
Das sogenannte Ad-Hoc-Laden, bei dem mithilfe eines QR-Codes an den Ladesäulen spontan geladen werden kann, bietet keine zufriedenstellende Alternative. Die Preise sind höher als bei vertragsbasierten Fahrstromtarifen, die E-Mobilisten direkt mit den Anbietern abschließen.
Lokale Monopolisten bestimmen Ladebedingungen und -preise
Ein Hauptgrund für die gestiegenen Preise an öffentlichen Normalladesäulen ist die Monopolbildung im Markt. Lokale Monopolisten haben über Jahre hinweg ihre dominierende Stellung gefestigt. Diese Monopolisten sind in der Regel die jeweiligen lokalen Energieversorger, die oft eng mit dem örtlichen Stromnetzbetreiber verbunden sind oder diesen selbst betreiben. Marktanteile von über 80 Prozent bei Normalladepunkten sind die Regel – in einigen Regionen sichern sich Monopolisten sogar bis zu 93 Prozent des Marktanteils.
Im aktuellen Marktmodell können Stromanbieter keinen eigenen Strom an der Ladesäule anbieten. Stattdessen bestimmt allein der Ladepunktbetreiber den Ladestromlieferanten – in der Regel der konzerneigene Vertrieb. Somit werden Ladebedingungen und -preise faktisch von den lokalen Monopolisten festgelegt. Diese können aufgrund des fehlenden Wettbewerbs überhöhte Preise für den Fahrstrom durchsetzen.
Lokale Monopolisten diskriminieren zudem Drittanbieter wie LichtBlick, indem sie von diesen bis zu 89 Prozent höhere Entgelte für die Nutzung der Ladepunkte verlangen als von ihren eigenen Kunden. Drittanbieter müssen daher die Kosten für den Fahrstromtarif des Roaming-Partners sowie das Roaming-Entgelt an ihre Kunden weitergeben, wodurch wettbewerbsfähige Preise unmöglich werden.
Zusätzlich können Drittanbieter die Erlöse aus den THG-Quoten nicht an ihre Kunden weitergeben. Diese Vorteile bleiben exklusiv den Ladesäulenbetreibern bzw. deren bestimmten Ladestromlieferanten vorbehalten. Dies verschärft die Preisdiskriminierung weiter und führt mittelfristig zur Verdrängung der Drittanbieter aus dem Markt.
Die Monopolkommission hat in ihrem letzten Sektorgutachten ebenfalls bestätigt, dass die marktbeherrschende Stellung der lokalen Anbieter zu höheren Ladepreisen an Normalladepunkten führt.
Das Durchleitungsmodell für echten Wettbewerb an der Ladesäule
"Die Monopole im Normalladesäulenmarkt werden sich nicht von allein auflösen, der Markt benötigt dringend eine Reform. Darum schlagen wir bereits seit Jahren das Durchleitungsmodell vor. Die Folgen einer solchen Reform würden sich positiv auf die Preise für E-Mobilist*innen auswirken", sagt Adam. "Entsprechende Entwicklungen gab es etwa auch im Zuge der Liberalisierung der Bereiche Haushaltsstrom und Telekommunikation."
Mit dem Modell erhält jeder Energieversorger das Recht auf Durchleitung seines Stroms an öffentliche Ladesäulen. Damit sind Fahrstromlieferanten nicht mehr von Stromlieferung und Preisen der Ladesäulenbetreiber abhängig. Im Gegenzug erhält der Betreiber ein Nutzungsentgelt für Installation, Betrieb und Wartung der Ladesäule, das ebenfalls eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals ermöglicht. Die Ladesäulen-Infrastruktur wird über die Nutzungsentgelte (mit-)finanziert und so unabhängig von staatlicher Förderung.
Wettbewerb entsteht durch die Möglichkeit zum Wechsel des Fahrstrom-Anbieters (analog zum Wechsel des Stromanbieters im Haushalt). Der Vorteil für E-Mobilisten: Sie können den Fahrstrom-Tarif des Anbieters ihrer Wahl an jeder öffentlichen Ladesäule nutzen. Preise und Stromqualität sind transparent, alle Ladevorgänge erscheinen auf einer Abrechnung. In einem gemeinsamen Pilotprojekt haben LichtBlick, 50Hertz und Stromnetz Berlin die Durchleitung an öffentlichen Ladesäulen bereits erfolgreich getestet.