Nachhaltige Festtage: Es geht auch ohne Plastik
Immer mehr Alternativen zu Kunststoff stehen zur Wahl. Doch auch Ersatzprodukte aus Pappe und Papier haben ihre Tücken. Was also ist wirklich nachhaltig? Der TÜV-Verband gibt Tipps für umweltfreundliche Weihnachts- und Silvesterfeiern.
15.12.2023 • 10:30 Uhr
Bei Weihnachtsfeiern im Vereinsheim oder Silvesterpartys mit Freunden war es lange Zeit üblich, Speisen und Getränke auf Einweggeschirr zu servieren. Minipizzen auf Plastiktellern, Nudelsalat neben Plastikbechern und fragiles Einwegbesteck – das war die Norm.
Doch diese Praxis ist alles andere als umweltfreundlich. In Deutschland fallen jährlich etwa 350.000 Tonnen Müll durch Einweggeschirr an. Als Reaktion darauf hat die EU vor zwei Jahren den Verkauf von Einwegplastikprodukten, einschließlich Plastiktellern, -besteck, Trinkhalmen und To-Go-Bechern, in ganz Europa verboten.
„Der Verzicht auf Einweggeschirr ist einfach umzusetzen und ein wichtiger Beitrag zum Schutz unserer Umwelt", sagt Juliane Petrich, Referentin für Nachhaltigkeit beim TÜV-Verband. „Wir müssen die Abfallmengen reduzieren und den Sprung in eine ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft schaffen." Denn bisher gelangen die wenigsten Plastikprodukte in einen Recyclingkreislauf. Stattdessen landen sie tonnenweise in den Gewässern - und überstehen dort rund 50 Jahre, Plastikflaschen sogar 450 Jahre.
Für ein umweltfreundliches Partybuffet ist die Verwendung von Porzellantellern, Metallbesteck und Gläsern die nachhaltigste Lösung. Alternativ kann man auf Mehrwegsysteme zurückgreifen, um Abfall zu vermeiden. Trotzdem bleibt ein gewisser Bedarf an Einwegprodukten wie Servietten bestehen, teils aus hygienischen Gründen. Hier sind umweltfreundliche Alternativen gefragt, die im gesamten Lebenszyklus möglichst geringe Umweltauswirkungen haben. Der TÜV-Verband bietet wertvolle Tipps für plastikfreie Partybuffets und informiert über alternative Materialien, die tatsächlich nachhaltig sind.
Nachhaltigkeit: Der ökologische Fußabdruck entscheidet
Sowohl Verbraucher als auch Hersteller richten ihr Augenmerk zunehmend auf umweltfreundliche Alternativen zu Einweggeschirr. Jedoch ist nicht jedes Produkt, das nicht aus Plastik gefertigt ist, automatisch als nachhaltig zu betrachten.
„Bei Ersatzmaterialien sollten Verbraucher darauf achten, wie groß der ökologische Fußabdruck ist und ob auch soziale Kriterien ausreichend berücksichtigt werden", sagt Petrich. Papier, Pappe oder Palmblätter, aus denen zum Beispiel Teller hergestellt werden, können negative Auswirkungen haben. Dazu gehören die Arbeitsbedingungen bei der Rohstoffgewinnung, die CO₂-Bilanz bei der Produktion, die Transportwege und der Anbau von Monokulturen.
Nachhaltigkeit: Umweltbilanz von Papier und Pappe fast so schlecht wie von Einwegplastik
Nicht alle Alternativen zum Plastikgeschirr sind umweltfreundlich. Petrich: „Pappe und Papier sind problematisch, weil sie bei der Herstellung viel Energie und Wasser benötigen."
Die Herstellung eines To-Go-Bechers aus Pappe benötigt bis zu zwei Liter Wasser, und ein großer Teil der dafür benötigten Primärfasern wird für die deutsche Papierindustrie importiert. Oft sind Papierteller mit Kunststoff oder Chemikalien beschichtet, um sie wasserfest, fettbeständig und reißfest zu machen.
Auch wenn viele Servietten und Trinkhalme heutzutage aus Papier bestehen, sind wiederverwendbare Stoffservietten sowie Trinkhalme aus Materialien wie Glas, Bambus oder Edelstahl die umweltfreundlichsten Optionen. Als Einwegalternativen kommen recycelbare Servietten aus Graspapier und essbare Trinkhalme, beispielsweise aus Nudeln oder Apfeltrester, infrage.
Nachhaltigkeit: Vorsicht bei plastikfreien Tellern, Bechern oder Schalen aus Zuckerrohr
Bei der Herstellung von Zucker aus Zuckerrohr entsteht Bagasse, ein faseriges Nebenprodukt, aus dem Einweggeschirr und Verpackungen gefertigt werden können. Bagasse-Produkte sind hitzebeständig, stabil und vollständig kompostierbar, was eine CO₂-neutrale Entsorgung ermöglicht.
Allerdings werden Behälter aus Bagasse oft mit Fluorchemikalien oder Melaminharzen behandelt, um sie wasserabweisend zu machen, was die Nachhaltigkeit mindert. Außerdem ist der Transportweg zu berücksichtigen, da Zuckerrohr hauptsächlich in Südostasien und Brasilien angebaut wird.
Ähnliche Überlegungen gelten für Produkte aus Weizenstroh, bei denen ebenfalls auf den Zusatz von Chemikalien oder Kunststoffen geachtet werden sollte.
Palmblattgeschirr, gefertigt aus den Blättern der Betanusspalme, stellt zwar ein Naturprodukt dar, aber es gibt Bedenken bezüglich der Arbeitsbedingungen, Monokulturen und Transportwege. Palmblätter sind von Natur aus wasserabweisend und robust, könnten aber ebenfalls mit schädlichen Chemikalien behandelt sein.
Eine umweltfreundliche Alternative bieten zertifizierte Einwegprodukte aus Holz oder Bambus. Diese Materialien verbrauchen bei der Herstellung vergleichsweise wenig Energie und Wasser. Wenn sie unbeschichtet sind, sind sie in der Regel auch kompostierbar.
„Das Holz sollte FSC-zertifiziert sein, um sicherzustellen, dass der Anbau den entsprechenden Standards entspricht", sagt Petrich. Bambus gehört zur Familie der Gräser und ist - unbehandelt - ein natürlicher, kompostierbarer Rohstoff. Geschirr aus Bambus ist wasserabweisend und stabil.
Nachhaltigkeit: Essbares Besteck - die wohl nachhaltigste Alternative
Besteck aus Maisstärke, das essbar ist, bietet den Vorteil, dass es auch regional angebaut werden kann, was zu kurzen Transportwegen führt. Verbraucher müssen dieses Besteck nicht essen; es kann auch kompostiert werden.
Da diese Produkte als essbar gekennzeichnet sind, können Konsumenten davon ausgehen, dass keine chemischen Zusätze enthalten sind. Beim Kauf solchen essbaren Bestecks sollte darauf geachtet werden, dass es nicht in Plastik verpackt ist. Diese umweltfreundliche und praktische Alternative ist ideal für die festliche Saison.
Nachhaltigkeit: Green-Claims-Vorschlag soll Greenwashing unterbinden
„Selbst umsichtige Konsumenten sind damit überfordert, die Nachhaltigkeit alternativer Produkte zu bewerten", sagt Petrich. Hier seien Hersteller, Importeure und Händler in der Pflicht. Sie müssten sicherstellen und nachweisen, dass ihre Geschirr- und Besteckalternativen relevante Nachhaltigkeitsaspekte erfüllen. „Die TÜV-Organisationen können die Unternehmen dabei unterstützen, indem sie zum Beispiel den ökologischen Fußabdruck bestimmen und zertifizieren", sagt Petrich. „Die Zertifizierung und auch die Kennzeichnung sind wichtige Instrumente, um bei den Verbrauchern für Klarheit zu sorgen."
Auch auf dem Einweggeschirr-Markt besteht die Gefahr der Irreführung und des Greenwashing. Bei Einweggeschirr hört man oft Schlagworte wie biologisch abbaubar, kompostierbar oder klimaneutral. „Mitunter werben Hersteller mit Nachhaltigkeit, ohne dass etwas dahintersteckt", sagt Petrich.
Der TÜV-Verband begrüßt daher den Green-Claims-Vorschlag der EU-Kommission, der das Werben mit ungeprüften Öko-Attributen verbieten soll. Die geplante Richtlinie sieht für sämtliche umweltbezogene Aussagen eine Pflicht zur vorherigen Substantiierung und Verifikation vor. Das bedeutet: Noch bevor ein Claim auf den Markt kommt, muss er mit wissenschaftlich fundierten Methoden belegt und von einem unabhängigen Dritten bestätigt werden. So wird sichergestellt, dass umweltbezogene Aussagen belastbar sind. Petrich: "Eine Überprüfung von unabhängigen Dritten soll Transparenz schaffen und sicherstellen, dass Verbraucher in Zukunft darauf vertrauen können, dass Aussagen wie "öko" und "klimafreundlich" auch wirklich das halten, was sie versprechen." Der Vorschlag wird derzeit im EU-Parlament verhandelt.