Klimaziele: Verbände setzen Bundesregierung unter Druck
Der Expertenrat für Klimafragen schlägt Alarm und bescheinigt der Bundesregierung, dass man die Klimaziele 2023 wohl nicht erreichen werden. Das ruft nun verschiedene Verbände auf den Plan.
25.08.2023 • 07:55 Uhr
Angesichts der drohenden Gefahr, die deutschen Klimaziele nicht zu erreichen, haben verschiedene Verbände die Bundesregierung aufgefordert, ihre Strategie zu ändern. Über 40 Organisationen und Verbände, darunter die Arbeiterwohlfahrt, der Bund für Umwelt und Naturschutz sowie der Verkehrsclub Deutschland, haben ein entsprechendes Schreiben unterzeichnet. Das berichtet die dpa, der das Papier vorliegt.
Zuvor hatte der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung erneut bestätigt, dass Deutschland nach aktuellem Stand das Klimaziel für das Jahr 2030 nicht erreichen wird. "Bei etlichen Maßnahmen sehen wir die Realisierungswahrscheinlichkeit und die Abweichung zwischen der Realität und den Annahmen der Bundesregierung in den Unterlagen kritisch", sagte Hans-Martin Henning, der Vorsitzende des Expertenrats.
Klimaziele: Kein ausreichender Anspruch
Die Regierung habe mit ihren 130 Maßnahmen zwar einen hohen Anspruch formuliert, aber keinen ausreichenden, so Henning. „Die Maßnahmen im Klimaschutzprogramm können signifikante Treibhausgasminderungen ermöglichen, gerade in den Sektoren Energie und Industrie, aber auch im Gebäudesektor", erklärte er.
Bis 2030 müsste Deutschland 65 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als im Jahr 1990. Das würde bedeuten, dass dann noch CO₂-Emissionen von etwa 440 Millionen Tonnen möglich sind. 2022 waren es 746 Millionen Tonnen.
Der Verkehrssektor und der Gebäudesektor sind dabei besondere Herausforderungen, denn die Experten des Klimarats sehen im Gebäudebereich eine Lücke von insgesamt 35 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten, die eingespart werden müssten, um die Klimaziele zu erreichen. Im Verkehrsbereich sind es bis 2030 zwischen 117 und 191 Millionen Tonnen.
Klimaziele: Deutschland endlich auf Kurs bringen
„Wir fordern Bundeskanzler Olaf Scholz auf, sein Kabinett endlich auf Klimakurs zu bringen und das Erreichen der Klimaziele bis 2030 sicherzustellen", erklärte die Geschäftsleiterin Politik des Dachverbands Klima-Allianz Deutschland, Stefanie Langkamp. FDP-Verkehrsminister Volker Wissing sei „ein Totalausfall" für den Klimaschutz. „Das unzureichende Programm ist ein erneuter Rechtsbruch in Bezug auf das Klimaschutzgesetz." Mit dessen geplanter Reform wolle die Ampel-Koalition die Vorgaben sogar noch weiter abschwächen.
In ihrem Schreiben stellen die Unterzeichner mehrere Forderungen auf, um die Klimaziele zu erreichen. Diese beinhalten einen Kohleausstieg bis 2030 nicht nur im Westen, sondern in ganz Deutschland, sowie einen Plan für den Ausstieg aus der Nutzung von Gas. Sie befürworten die Einführung eines Tempolimits von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen und 80 Stundenkilometern auf Landstraßen. Desweiteren betonen sie die Notwendigkeit, klimaschädliche Subventionen abzubauen, wie beispielsweise bei Dienstwagen oder der Besteuerung von Kerosin im Luftverkehr. Sie fordern eine beschleunigte energetische Sanierung von Gebäuden.
In der Landwirtschaft setzen die Unterzeichner auf die Reduzierung von klimaschädlichem Methan, insbesondere durch die Verringerung der Tierbestände, vor allem in der Stallhaltung. Gleichzeitig sollten weniger Fleisch- und Milchprodukte hergestellt werden. Um Anreize dafür zu schaffen, könnten die Mehrwertsteuer angepasst und eine verbesserte Kennzeichnung eingeführt werden.
Zudem sollte der CO₂-Preis, der die Nutzung fossiler Brennstoffe für Heizung und Benzin verteuert, schneller ansteigen. Das geplante Klimageld der Ampel-Koalition, das Bürgerinnen und Bürger entlasten soll, sollte spätestens ab 2024 eingeführt werden, und ein entsprechendes System dafür könnte ab 2025 vorhanden sein.