Verheerende Waldbrände: „Werden vom Klimawandel und dem Verlust von Natur getrieben“

In Kanada wüten seit Monaten verheerende Waldbrände. Welchen Anteil hat der Klimawandel an der Katastrophe?

31.08.2023 • 08:13 Uhr

Verheerende Waldbrände: „Werden vom Klimawandel und dem Verlust von Natur getrieben“

Kanada leidet weiter unter verheerenden Waldbränden – den schlimmsten in der Geschichte des Landes. Offiziellen Angaben zufolge brannte es bislang auf mehr als 15 Millionen Hektar.

Zum Vergleich: Das entspricht fast der Hälfte der gesamten Landesfläche Deutschlands. Vor allem aber ist es schon jetzt mehr als doppelt so viel wie im bisher schlimmsten Jahr 1995. Damals verbrannten mehr als sieben Millionen Hektar.

„Kanada befindet sich mitten in der schlimmsten Waldbrand-Saison aller Zeiten", verdeutlichte Premierminister Justin Trudeau. Kanada leidet seit Monaten darunter, Treiber sind Wind, Trockenheit und Hitze.

Trudeau betonte aber auch einen Zusammenhang mit dem Klimawandel. „Die Katastrophen, auf die wir in der Welt blicken, sind nicht einfach nur Pech. Sie werden vom Klimawandel und dem Verlust von Natur getrieben", sagte der 51-Jährige.

Klimawandel und Brände: Teufelskreis wird in Gang gesetzt

In Kanada sei das klar zu sehen: „Heißere, trockene Frühlinge, die in heißere, trockene Sommer übergehen, welche die Wälder in riesige Pulverfässer verwandeln", so Trudeau. Bei den Bränden gingen ganze Ökosysteme, die normalerweise dem Klimawandel entgegenwirkten, verloren, was einen Teufelskreis in Gang setze, fügte Trudeau hinzu.trudeau.jpg

Eine „neue Qualität" sieht Alexander Held, Forstwissenschaftler und Brandexperte am European Forest Institute. Zwar sei die Zahl der Brände nicht nennenswert gestiegen, aber diese seien öfter jenseits der Kontrollschwelle, sagte er der Tagesschau. „Das bedeutet, dass es vom Boden bis in die Baumkronen brennt. Diese Feuer entwickeln so viel Energie, dass das Löschen im Prinzip unmöglich wird, weil man wegen der enormen Hitze gar nicht nah genug rankommt. Und das, was man an Wasser zum Beispiel mit Löschflugzeugen dahin bringen kann, hat dann kaum einen Effekt."

Klimawandel und Brände: Gefährlicher Cocktail an Ursachen

Held sieht bei den Gründen einen „gefährlichen Cocktail an Ursachen". Wie zum Beispiel eine verfehlte Forstwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten. „Wir haben dem Feuer den Tisch gedeckt. Durch große Monokulturen, kaum Durchmischung in den Wäldern und zu wenig Prävention hat sich ein enormes Potenzial für solche Großbrände angehäuft“, sagte Held.

Und ja, auch der Klimawandel ist ein Faktor. Er verschärft die sowieso schon vorhandenen Probleme. „Das, was wir im Moment sehen, hat eine neue Dimension erreicht: Das System Wald ist aus der Balance geraten. Und das kann man ganz klar dem Klimawandel zuschreiben. Durch ihn gerät das jetzt außer Kontrolle“, sagte Held.

Klimawandel und Brände: WWF warnt vor Katastrophen

Die Umweltschutzorganisation WWF warnt deshalb vor immer stärkeren Brandkatastrophen. „Die fortschreitende Klimakrise hat uns in das Zeitalter der Megafeuer gebracht: Wo es schon immer Waldbrände gab, wie in Griechenland und Kanada, werden sie zu tödlichen Infernos", sagte WWF-Waldreferent Johannes Zahnen.

Wenn man nicht die Ursachen dieser Eskalation bekämpfe, werden man jedes Jahr neue Rekordkatastrophen erleben, warnte Zahnen. „Denn um den Megafeuern der Klimakrise zu begegnen, muss der Fokus von der Brandbekämpfung auf die Brandvermeidung verlagert werden. Die zunehmenden Waldbrände sind die Warnsignale der Natur. Unsere Bundesregierung nimmt sie nicht ernst genug und schwächt den Kilmaschutz eher ab, als ihn zu stärken, wie etwa beim Klimaschutzgesetz und dem Gebäudeenergiegesetz. Wir brauchen ganz klar mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz, ein höheres Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien und einen schnellen Ausstieg aus den fossilen Energien.“