Erneuerbare Energien: Das ungenutzte Potenzial der Autobahnen
Die Bundesregierung plant den Sektor für erneuerbare Energien weiter auszubauen. Dabei könnten die deutschen Autobahnen eine große Rolle spielen. Wir schauen uns das genauer an.
06.04.2023 • 08:50 Uhr
Im Jahr 2021 betrug die Länge des deutschen Autobahnnetzes rund 13.200 Kilometer. Die Bundesregierung will zukünftig Autobahnen und Bundesstraßen für die Erzeugung von erneuerbaren Energien nutzen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten.
Windkraft- und Photovoltaikanlagen entlang der Autobahn
Bisher gab es innerhalb von 40 Metern entlang der Autobahn eine strenge Bauverbotszone. Innerhalb von 100 Metern sind Bauvorhaben stark beschränkt. Dieses Fernstraßengesetz wurde im Januar 2023 durch das Fernstraßen-Bundesamt zugunsten von erneuerbaren Energien gelockert, wie der Koalitionsausschuss der Bundesregierung noch einmal bestätigte.
In Zukunft soll es möglich sein, auch in direkter Nähe zu Fernstraßen Windkraft- und Photovoltaikanlagen zu errichten. Allerdings sei in jedem Fall eine gesonderte Prüfung notwendig, heißt es in dem Gesetz. Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer stehe an vorderster Stelle.
Das genaue Potenzial dieses Vorhabens ist bisher ungeklärt. Allerdings gibt es bereits einen Vorreiter. Auf der Autobahn A6 Richtung Ansbach und weiter Richtung Nürnberg wurden entlang der Fernstraße über 30 Hektar Solarpanele von der Firma Belectric installiert. Die Anlagen hätten eine Leistung von rund 13 Millionen kWh in einem Jahr. Bezogen auf einen durchschnittlichen 4-Personen-Haushalt, der jährlich 4.000 kWh Strom verbraucht, könnte man allein mit diesen Anlagen jedes Jahr 3.250 Haushalte versorgen.
Pilotprojekt: Solardächer über Autobahnen
Es gäbe noch eine zweite Variante, um Autobahnen für die Erzeugung von grünem Strom zu nutzen. Ein deutsch-österreichisches Forscherteam untersucht derzeit, ob sich Solardächer über Fernstraßen als Stromlieferant eignen. Bereits im Jahr 2011 haben Architekten in der Schweiz ein erstes Modell angefertigt. Die rund 13.200 Kilometer Autobahn in Deutschland ergeben rund 340 Quadratkilometer Fläche, die theoretisch mit Solarpanelen besetzt werden könnten. Das entspräche etwa der Größe von Bremen. Damit könnten theoretisch etwa 41,5 Terawattstunden Solarenergie pro Jahr erzeugt werden – so viel, wie ein Drittel aller deutschen Haushalte jährlich verbraucht.
Die Solardächer hätten für Autobahnen weitere Vorteile. Sie schützen die Straßenoberfläche zusätzlich vor Witterung, Überhitzung und Niederschlägen. Außerdem dienen sie als zusätzlicher Lärmschutz. Die Solarpanele selbst könnten zum Teil lichtdurchlässig gebaut werden, wodurch sie die Straße nicht komplett verdunkeln und trotzdem effizient Strom produzieren. Entlang der A81 gibt es bereits einen solar-überdachten Streckenabschnitt, der ein Jahr lang getestet werden soll.
Eine ausreichende Begleitforschung ist an dieser Stelle wichtig. Forscher gehen bereits jetzt davon aus, dass Straßen unter Solardächern „rutschiger“ werden könnten. Grund hierfür ist der fehlende Niederschlag, der den Reifenabrieb nicht mehr wegspült. Die Kosten für eine flächendeckende Autobahnüberdachung in Deutschland werden auf etwa 100 Milliarden Euro geschätzt. Trotzdem gilt das Projekt als vielversprechend.
Quellen:
https://www.fr.de/wissen/solare-revolution-13511416.html
https://www.br.de/nachrichten/wissen/windkraft-und-photovoltaikanlagen-an-autobahnen,Ta9ixMV