Batterietechniken: Am Lithium-Ionen-Akku führt aktuell kein Weg vorbei

Der Akku ist das wichtigste Bauteil bei einem Elektroauto. Führend sind dabei die Lithium-Ionen-Batterien. Die Forschung sucht allerdings bereits nach Alternativen.

29.04.2022 • 08:42 Uhr

Batterietechniken: Am Lithium-Ionen-Akku führt aktuell kein Weg vorbei

München – Sie ist der Mittelpunkt eines Elektroautos. Das Herzstück, wenn man so will: die Batterie. Ohne sie geht nichts, und deshalb ist sie immer noch der Preistreiber. Batterien sind der Hauptgrund, warum die Elektroautos teilweise deutlich teurer als die Verbrenner-Kollegen sind.


Marktführer ist im Moment immer noch die Lithium-Ionen-Batterie (LIB). Das Problem: Sie erfüllen noch nicht das, was eigentlich gefordert wird. Und das ist eine Menge: Eine deutlich größere Reichweite, kurze Ladezeiten, dazu sicher und nachhaltig. Und klar: Günstig sollte das Ganze auch sein.

Denn: Elektromobilität mag in Deutschland noch in der Nische stecken, ihr soll und wird aber die Zukunft gehören. Viele Länder peilen einen schnellen Umstieg an, bei uns wird er bis 2025 von der Bundesregierung finanziell unterstützt.


Was noch fehlt zum Durchbruch

Aber: Die geringe Reichweite in Verbindung mit zu wenig Lademöglichkeiten und zu langen Ladezeiten verhindert den Durchbruch.

"Sie ist eigentlich eine tolle Batterie. Lithium-Ionen sind klein, leicht und wandern schnell zwischen Anode und Kathode", sagt Maximilian Fichtner, stellvertretender Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm, in der Süddeutschen Zeitung.

Die Forschung ist auf der Suche nach neuen Lösungen, allerdings wird die Lithium-Ionen-Batterie wohl noch für einige Zeit führend bleiben. Auch, weil Wissenschaftler glauben, dass ihr Potenzial auch nach rund 40 Jahren noch nicht vollkommen ausgeschöpft ist.

"Beim Handy und im Elektroauto ist der Druck, möglichst leicht zu bauen, so groß, da wird man bis auf Weiteres beim Lithium-Ionen-Akku bleiben", sagt Andreas Jossen, Professor für Elektrische Energiespeichertechnik an der Technischen Universität München.

So konnte die Reichweite in den vergangenen Jahren stetig vergrößert werden, auch die Preise für die Batterien sanken in der Herstellung teilweise erheblich, auch wenn das nicht komplett beim Kunden ankam. 2010 lagen die Kosten noch bei rund 600 Euro pro Kilowattstunde, inzwischen nähert man sich einem Kostenfaktor von 100 Euro an, für 2022 werden 75 Euro prognostiziert.


Langzeiterfahrungen fehlen noch

Hinzu kommt eine relativ lange Lebensdauer von etwa 100.000 Kilometern, die sie mindestens schaffen sollte, 200.000 Kilometer sollten aber durchaus möglich sein. Oder anders gesagt: Die Hersteller gehen von einer Haltbarkeit der Batterien – je nach Nutzung – von zehn Jahren aus, echte Langzeiterfahrungen fehlen aber noch.

Ein großes Problem sind die Ressourcen für diese Batterien. Die hohe Energiedichte wird durch einen hohen Kobaltgehalt in der Elektrode und mit Grafit in der negativen Elektrode erreicht. Lithium, Kobalt und Grafit sind allerdings endlich, zudem ist ihr Abbau problematisch, denn sie werden unter umweltschädlichen und teilweise unmenschlichen Bedingungen gewonnen.

Eine Schweizer Studie kam zu dem Ergebnis, dass bei einer Lebensdauer von 150.000 Kilometern 15 Prozent der gesamten Umweltbelastung durch Herstellung, Betrieb und Entsorgung des Elektroautos auf moderne Batterien entfallen. Ein weiterer Nachteil ist allerdings die Brandgefahr. Dann, wenn sich die hohe Energiedichte durch einen Defekt oder unsachgemäße Behandlung schlagartig entlädt.

Doch eine Revolution, eine Wende, eine gleichwertige Alternative ist in der Batteriezellenforschung noch nicht in Sicht. Immer wieder werden angebliche Superbatterien oder Mega-Akkus gefeiert, eine Ablösung der Lithium-Ionen-Batterie ist aber nicht erfolgt.

Dafür werden fleißig Alternativen gesucht. Eine Möglichkeit: Magnesium statt Lithium. Probleme bei der Gewinnung gibt es keine, zudem ist es in großen Mengen verfügbar. Die Vorteile einer Magnesiumbatterie: eine höhere Energiedichte und eine höhere Sicherheit.

Prototypen kommen zudem auf eine hohe Speicherkapazität bei geringerem Gewicht. Wo ist der Haken? Den findet man bei der Lebensdauer, die ist aktuell noch zu kurz.


Alternative aus Deutschland?

Eine weitere mögliche Alternative: Die Forscher von Fraunhofer, TU-Dresden und Leibniz, arbeiten seit dem 1. November 2019 gemeinsam an innovativen Batterie-Elektroden, die aus hauchdünnen Silizium- oder Lithiumschichten bestehen, um hohe Energiedichten zu erreichen.

Elektrofahrzeuge sollen mit einer Batterieladung bis zu 700 Kilometer weit fahren, Smartphones deutlich seltener aufgeladen werden. "Dadurch bahnt sich ein Quantensprung für die Batterietechnik an", hofft Prof. Christoph Leyens, Institutsleiter des Fraunhofer IWS und Direktor des Instituts für Werkstoffwissenschaft der Technischen Universität Dresden.

"Heutige Lithium-Ionen-Akkus kommen auf eine Energiedichte von etwa 240 Wattstunden pro Kilogramm bzw. bis 670 Wattstunden pro Liter", erklärt Chemie-Professor Stefan Kaskel von der TU Dresden. "Mit unseren Elektroden wollen wir auf deutlich über 1.000 Wattstunden pro Liter kommen."


Kommen die Festkörper-Akkus?

Auf der Überholspur hat sich zudem der Festkörper-Akku einen Platz gesichert. Die Autobauer investieren viel Geld in Start-Ups, die sich um die Forschung kümmern: Volkswagen beteiligte sich mit 100 Millionen Dollar am Festkörper-Start-up Quantum Scape aus den USA. Renault-Nissan setzt auf Ionic Materials.

Elektroden und Elektrolyt bestehen beim Festkörperakku aus festem, nicht brennbarem Material und wie bisher aus flüssigem. Hohe Reichweiten sollen ebenso möglich sein wie kurze Ladezeiten. Sicherer soll es auch sein.

"Für die Anwendung im Auto gelten sehr hohe Anforderungen", sagt Wolfgang Bernhart, langjähriger Branchenexperte von Roland Berger, der Wirtschaftswoche: an Speicherkapazität und Schnellladefähigkeit, an Lebensdauer, Temperaturtoleranz – und an den Preis. Eine neue Technologie, so Bernhart, müsste in allen fünf Kriterien besser sein als die bestehende, und "nicht nur in einem oder zwei".


Bildquelle: imago images / Sebastian Geisler